Entwicklungsstufen im Zira'at

 

Das Wort Zira'at ist abgeleitet vom persischen 'zeraat', Landwirtschaft. Wir können beobachten, wie wir durch verschiedene Stufen gehen, und diese Stufen sind durch die jahreszeitlich bedingten Arbeiten in der Landwirtschaft symbolisiert.

 

Pflügen

Das Pflügen, ein Prozess des Wendens und Umgrabens, steht für das Entlernen, das Umgehen mit den zwanghaften Aktivitäten des Geistes, der von unsteten Gedanken getrieben ist. Auf dieser Stufe ist der Geist wie ein wildes Pferd, das wir einfangen und beruhigen müssen, um Ruhe und Klarheit zu finden. Atem- und Konzentrationstechniken helfen uns, den Geist zu analysieren und zu beruhigen.

 

Eggen

Sobald der Geist beruhigt ist, öffnet sich ein Raum, in dem wir eine tiefere Schicht wahrnehmen können, nämlich die Art und Weise, wie das Herz durch unsere Gefühle bewegt wird. Wir begegnen hier den tiefen Strukturen unserer Psyche. Diese inneren Muster sind Konstrukte unserer Identität, die Vorstellung, ich bin dies und das. Es ist eine irreführende Identität, die auf unserem Herzen lastet. Wie eine Egge, die Linien in die Erde zeichnet und eine neue Struktur schafft, helfen uns innere Betrachtung und Atemübungen, das Herz zu reinigen und zu öffnen und unser physisches, geistiges und emotionales Wesen in Harmonie zu bringen. Im Lauf der ersten zwei Reinigungsstufen dringen wir von der Oberfläche unseres Herzens in die Tiefe vor.

 

Säen

Das Säen symbolisiert unsere Handlungen im Leben, unsere Absichten und wie wir sie erfüllen können. Wir fühlen uns durch unser Ziel inspiriert und arbeiten dafür. Und wir fühlen die Berufung, das innere Licht der Seele in unser Leben zu bringen. Sobald unser Herz offen ist, können wir die Stimme der inneren Führung hören. Meditation und Lichtübungen helfen uns auf dieser Stufe, mit dem inneren Lichtfunken in Kontakt zu kommen. Säen ist ein Akt der Hoffnung, das Vertrauen in unser Potential, Gott als Realität zu verwirklichen.

 

Ernten

Was wir säen, ernten wir. Und wenn die richtige Saat gesät wurde, ist der Augenblick der Ernte ein Augenblick der Freude und Fülle. Freude ist eine Sprache der Seele. Sie ist unabhängig von äußeren Umständen und drückt sich in Kreativität aus. Wir sind lebendig, zum eigentlichen Leben erwacht. Diese Stufe ist ein Schritt in Richtung spiritueller Reife. Hier wird das Potential erfüllt, das Verborgene wird sichtbar. So wie wir die Ernte einbringen, übernehmen wir auch Verantwortung für unsere Handlungen im Leben.

 

Dreschen

Mit vollen Händen und vollem Herzen erreichen wir die Stufe des Dreschens, wo wir uns selbst fragen: Was nun? Bin das wirklich ich? Wir spüren unsere Verantwortung, und das führt uns zu einer Prüfung, zur Frage nach dem Sinn des Ganzen. Was ist wirklich wichtig? Was sind meine eigentlichen, tief empfundenen inneren Werte? Was ist meine Wahrheit? All diese Fülle, wofür ist sie bloß? Auf dieser Stufe erkennen wir die innere Bedeutung unserer Handlungen. Das Korn muss von der Spreu getrennt werden, um zu Brot zu werden, zum Brot des Lebens, das wir mit anderen teilen. Auf dieser Stufe praktizieren wir Übungen, die uns beim Prozess der Verwirklichung, der Realisation helfen. Hier wird das Herz durch Weisheit gestärkt.

 

Speichern

Die Saat ist der Beginn, und am Ende ist es wieder die Saat, die wir in die Scheune bringen. Anfangs ist die Saat ein Geschenk, das wir von Gott erhalten, und wir bringen die Saat unserer Lebenserfahrungen zur Vollendung. Indem wir alle Prüfungen durchlaufen, wird etwas extrahiert, gefiltert - Weisheit und Licht - die wir nun dem Ganzen zur Verfügung stellen. Auf der persönlichen Ebene haben wir den Sinn unseres Lebens erkannt; wir fühlen uns tief verbunden mit der Erde, mit der gesamten Menschheit und dem Leben schlechthin. Die Scheune symbolisiert den Himmel, den wir selbst geschaffen haben durch die ganz spezielle und einzigartige Weise, mit der wir unser Leben verwirklicht haben. Dieser Himmel ist unser Beitrag zu diesem ganzen Universum des Werdens.

 

Text: Musawira Brüning und Sharifa Norton (die englische Originalfassung wurde von mir gekürzt und übersetzt). Musawira leitete die weltweiten Zira'at-Aktivitäten ca. 25 Jahre lang. Sharifa, die ursprünglich für Nordamerika zuständig war, hat nun 2015 diese Funktion von ihr übernommen.